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EUROPAN II
Gemeinsam mit Dipl. Ing. Karin Schwarz Viechtbauer

BESCHREIBUNG

Unter dem Titel "Ein Stück Stadt bewohnbar machen" war die Wiedergewinnung urbaner Räume die gesamtheitliche Aufgabenstellung für den Europan II Wettbewerb.


Ich zitiere aus den Wettbewerbsbedingungen "Es handelt sich hier um Flächen, die sich für künftige Forschungsprojekte über die Entwicklung urbaner Lebensweisen anbieten und die von strategischer Bedeutung für die Stadtentwicklung sind." Dadurch wird also der Möglichkeit, konzeptionelle Ideen und beispielgebende Strategien zu entwickeln, breiter Raum eingeräumt, was - ein primäres Anliegen unseres Projektes ist. Im Konkreten war es die Aufgabe, für den Standort "Eßling" auf einem zur Verfügung stehenden Planungsgebiet mind. 500 Wohneinheiten und Wohnfolgeeinrichtungen zu entwerfen.

Es ist angesichts des vorhandenen Wohnungsfehlbestandes in Wien eine logische Vorgangsweise, auf verfügbarem Boden großflächige Wohnbebauungen vorzusehen.
Dennoch muss im Sinne einer verantwortungsvollen Planung dieser Vorgangsweise einerseits eine intensive Standortuntersuchung und andererseits eine prinzipielle Auseinandersetzung mir der Thematik "Großwohnanlage" vorangestellt werden. Der Terminus "Wohnanlage" wird in der Folge der Einfachheit halber weiter verwendet, um die Vielfältigkeit in Entwurf und Realisierung wissend ohne in eine einseitige Interpretation verfallen zu wollen.

Die Erfahrungen aus den vergangenen Jahrzehnten mit Großwohnanlagen sollten uns lehren, bei künftigen Planungen äußerst vorsichtig vorzugehen und die soziologische Komponente keineswegs zu unterschätzen. Wir erleben derzeit offensichtlich eine Euphorie für geometrisch, ästhetisch, additiv, stereotype Wohnanlagen, wie jüngst fertiggestellte Beispiele belegen.
Ob die bloße Abkehr vom Geschosswohnbau hin zum fallweise extrem verdichteten Flachbau unter Entwicklung von innovativen Idealgrundrissen und von architektonisch anspruchsvollen Fassadenlösungen für die den Großwohnanlagen innewohnenden Probleme sind, möchten wir bezweifeln, ist dies doch ein akademischer Detailansatz.

In diesem Sinne sollte vor dem Beginn dieser komplexen Planungsaufgabe die prinzipielle Richtigkeit einer Wohnanlage am projektierten Standort durch folgende Fragen untersucht werden.

Frage 1

 

Wie auch im Ausschreibungstext zu Europan II festgestellt, bewirken diese großen Bauvorhaben "Neugewichtungen von Stadtvierteln". Im Fall von Eßling muss untersucht werden, ob die projektierte Richtungsgebung der Siedlungsentwicklung durch eine punktuell situierte Wohnanlage die Richtige ist.

Frage 2


Durch eine intensive Analyse des Wohnumfeldes gilt es festzustellen, ob dieses in sich funktionsfähig ist, ob es "aufnahmefähig" für eine Großwohnanlage ist und ob eine Vernetzung zwischen Altbestand und Neubebauung angestrebt werden kann oder soll.

Unsere Analyse des Ist-Zustandes von Eßling hat folgendes ergeben:

  • Eßling ist ein Straßendorf, eine mittelalterliche Dorfform. Ähnliche Mittelalterliche Dorfformen gibt es am linken Donauufer mehrfach, was die exemplarische Wirkung der Projekte unterstreicht.

  • Die mittelalterliche Dorfform erfüllt die heutigen Anforderungen an ein zeitgemäßes Wohnumfeld nicht.

  • Die weitere Siedlungsentwicklung verlief im Sinne einer Zersiedlung durch freistehende Einfamilienhäuser ohne Zentrumsbildung. Man kann von einer fehlgelaufenen Siedlungsentwicklung ohne Zusammenhang mit dem gewachsenen Zentrum sprechen.

  • Die Straße, die Siedlungsachse eines Straßendorfes, hat nur noch Verkehrsfunktion, Kommunikations- und Aufenthaltsfunktionen fehlen.

  • Die Bebauung an der Straße bildet einen ungenügenden stadträumlichen Rahmen.

Daraus wiederum ergeben sich folgende Antworten auf die zuvor erläuterten essentiellen Fragen vor Planungsbeginn.

Antwort 1


Die Siedlungsentwicklung sollte nach Feststellung der Fehlentwicklung nunmehr im Bezug zum alten Ortskern unter Berücksichtigung des gewachsenen Zentrums erfolgen.

Antwort 2


Die funktional schwache Dorfstruktur bedarf einer Aufwertung in sich.
Die projektierte Wohnanlage als punktueller Ansatz würde kaum eine Verbesserung für das Dorf als Gesamtheit bewirken, sondern vielmehr eine Schwerpunktverlagerung an einen fragwürdigen Standort. Die Gewichtung des neuen Zentrums gegenüber dem alten Ortskern sowie seine funktionale Vernetzung mit diesem sind fragwürdig.

Dementsprechend haben wir uns entschlossen, mit unserem Projekt diese Problematik aufzuzeigen und ein Idealkonzept zu entwickeln.
Dieses erklärt sich wie folgt:

Die Planung erfolgt im Sinne einer gestalterischen und funktionalen Verdichtung des linearen Zentrums, ausgehend vom Siedlungskern.

Eine Aufwertung des Ortszentrums als Gesamtheit soll durch eine lineare Verteilung von öffentlichen Einrichtungen und Geschäften erreicht werden.


Eine verstärkte Zentrumsbildung ist and der Straßengabelung vorgesehen.

Diese Aufwertung des Ortszentrums würde eine Umfahrung der Hauptstraße rechtfertigen.
Die Lage dieser Umfahrungsstraße ist durch überörtliche Untersuchungen festzustellen.

Der Verlauf der Bebauung folg der Hauptstraße. Entlang der schmalen, langen Parzellenstruktur werden Einzelgebäude raumbildend zu beiden Seiten von Stichstraßen angeordnet.

Diese Stichstraßen haben die Aufgabe von funktionalen Subzentren, ausgehend vom linearen Ortszentrum zu erfüllen. Gestalterisch öffnen sie den Straßenraum der Eßlinger Hauptstraße punktuell und ermöglichen Durchblicke in die Weite der Landschaft.

Funktional und raumgestalterisch wird eine Verflechtung zwischen der bestehenden Siedlungsstruktur mit der projektierten Bebauung angestrebt. Der Bebauungsvorschlag ist nicht solitär sondern in seinem Zusammenhang mit der bestehenden Siedlungsstruktur als gezielte Stadterweiterung zu betrachten.

Dieser Entwurf eines Idealkonzeptes berücksichtigt bewusst nicht die vorhandenen Grundstücksgrenzen, wissend, daß in dieser Form eine kurzfristige Verwirklichung unmöglich ist.
Demzufolge wurden die Gebäude auch nicht weiter detailliert, Grundrisse und Fassaden nicht entwickelt. Von primärer Wichtigkeit ist die sozifunktionale Determinierung der Stichstraßen als Lebensräume mit Zentrumswirkung. Diesbezüglich kann das "Wohnen Morgen" Projekt in Wien XV von Arch. Holzbauer als Beispiel herangezogen werden, wobei die räumliche Verknüpfung der Stichstraße mit dem Ortszentrum in Eßling von Vorteil ist. Für die dörfliche Struktur Eßlings sind Architektursprache und Gebäudehöhe dieses Projektes natürlich nicht beispielgebend.

Dennoch erlaubt unserer Meinung nach dieser Bebauungsvorschlag eine große Bandbreite an architektonischen Gebäudetypen, Reihenhäuser, gekuppelte Bauweise ebenso wie Geschosswohnbauten.
In diesem Sinn sind unsere in Form von Collagen dargestellten Bauansätze lediglich als allgemeine Aussagen über unsere architektonische Haltung zu verstehen.
Denn wir lehnen es prinzipiell ab, im Rahmen städtebaulicher Wettbewerbe einige wenige Bautypen zu entwerfen und diese - wie es leider laufen passiert - additiv aneinander zu reihen. In den meisten Baubauungsvorschlägen steckt eine mehrstufige Gestaltung der Wettbewerbe bis hin zur Realisierung ausgeschöpft werden sollte.


Dies aufzuzeigen, ist ein sekundäres Ziel dieser Planung.

Nachdem dieses Projekt nicht realisiert werden kann, fragt man sich vielleicht, nach dem Ziel dieser Planung.

Erstes Ziel war ein Denkanstoß für die bisherige Vorgangsweise in der Planung allgemein und in Eßling konkret.


Das zweite Ziel ist das Idealziel. Einfluss auf die Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung von Eßling zu nehmen. Hier müsste eine große Veränderung stattfinden. Darauf wollten wir hinweisen, darin soll dieses Projekt einfließen.

Daten & Fakten

Art des Wettbwerbs

Internationaler anonymer städtebaulicher Ideenwettbewerb

Thema

Ein Stück Stadt bewohnbar machen, Wiedergewinnung urbaner Räume

Abgabe

18.03.1991

Partner

Cand. Arch. Karin Schwarz - Viechtbauer
Cand. Arch. Murat Arif Suyabatmaz

Resultat

Ankauf

1991
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